Vom Norden bis in den Süden von Laos. Von Pakbeng über Oudomxay, Luang Prabang, Vang Vieng bis nach Vientiane und einer abenteuerlichen fünfzehn stündigen Busfahrt nach Pakxe. Sabaidee! Bye-Bye!
Aus jedem Dorf das wir passieren schallt es aus zahlreichen Häusern "Sabaidee!" - das "Servus!" der Laoten sozusagen. Und immer sind es die Kinder, die uns ein Lächeln auf die Lippen zaubern. Manche Dörfer scheinen nur aus Kindern zu bestehen. Und tatsächlich entfällt mehr als ein Drittel der Bevölkerung auf die Altersgruppe 0-14 Jahre. Im Durchschnitt bekommt jede Frau fünf Kinder.
Mit dem schnellen Bevölkerungswachstum der letzten Jahrzehnte, wurden die Probleme im Land allerdings nicht weniger. Obwohl rückläufig, starben 2016 immer noch mehr also 6% der Kinder vor ihrem 5. Lebensjahr. Gründe sind häufig mangelnde Hygiene, Krankheiten, Unterernährung. Weniger als 50% der Gesamtbevölkerung hat Zugang zu sauberem Trinkwasser! Eine Tatsache, die man sich bei uns daheim gar nicht vorstellen kann. Uns wurde die Wichtigkeit von (sauberem) Wasser auch erst in den letzten Wochen so richtig bewusst. Über 30°C im Schatten, viele viele Höhenmeter jeden Tag. Wir schwitzen so viel, dass wir täglich ca. 7-10 Liter jeweils brauchen. Leider findet sich nicht in jedem Dorf sauberes Wasser und so ist es fast schon zur wichtigsten Aufgabe eines jeden Tages geworden, unsere Wasservorräte aufrecht zu erhalten. Nicht immer ist es uns gelungen und wir mussten uns Wasser aus zweifelhaften Quellen zapfen. Montezumas Rache ließ bei uns nicht lange auf sich warten - dazu aber später mehr.
Nur etwa 20% der Kinder in Laos können von ihrem Recht auf Bildung Gebrauch machen! Häufig müssen sie stattdessen ihren Beitrag zur Ernährung der Familie auf den Feldern leisten. 11 von 100 Kindern zwischen 5 und 14 Jahren muss arbeitet, statt zur Schule zu gehen. Die Folgen sind eine geringe Alphabetisierungsrate: nur etwa zwei Drittel der Männer und nur ein Drittel der Frauen im Land können Lesen und Schreiben. Immer wieder sehen wir Kinder die ihre Eltern an Straßenständen, beim schweren Holz schleppen und am Feld unterstützen.
Das durchschnittliche Jahreseinkommen pro Kopf lag 2014 bei 1600 US $. Laos ist zweifelsohne nach wie vor eines der ärmsten Länder dieser Erde und die Armut der Menschen wird sofort deutlich sichtbar, sofern man sich etwas abseits der ausgetretenen Touristenpfade bewegt. Und trotzdem haben wir auf unserem Weg durch das Land so glückliche, stolze und gastfreundliche Menschen getroffen. Die uns meist mit offenen Armen, fast immer aber mindestens mit einem Lächeln und einem fröhlichen "Sabaidee!" empfangen haben.
Doch von Vorne: Nachdem wir in Packbeng gestartet waren und uns langsam in Richtung Norden vorwärtskämpfen. Dank der Straßenverhältnisse ist es tatsächlich ein Kampf! Den die ein oder andere Schraube an Jellis Packtaschen leider verloren hat. (Wie kann man an solchen Taschen PLASTIKMUTTERN verbauen?!) Anfangs führt uns die Straße entlang durch ein kleines grünes Tal, durch kleine abgelegene ärmliche Dörfer und an chinesischen Staudämmen vorbei. Dann nimmt der LKW und Pickup Verkehr stetig zu.
Meist sind es große chinesische LKWs, die oft nur knapp an uns vorbei rauschen. Der "Highway" führt mitten durch Dörfer. Wo noch vor wenigen Jahren ein paar wenige Ackergeräte über eine staubige Erdpiste gerollt sind, donnern heute voll beladene LKWs einen Meter und ohne zu bremsen an den einfachen Bambushütten vorbei. Auf der Straße spielen Kinder, Hühner und Ziegen spazieren und Hunde faul im Schatten liegen. Unvorstellbar für uns, wie es sein muss hier zu leben. Auch würde uns interessieren, wie die Laoten zum wachsenden Einfluss chinesischer Investoren in ihrem Land stehen. Leider haben wir noch keinen Laoten getroffen, der ausreichend Englisch gesprochen hätte um uns solche Fragen zu beantworten.
Auf dem Weg Richtung Oudomxay stolpern wir in Beng wieder einmal zufällig auf ein Volksfest der Hmong. Überall kommen uns festliche gekleidete Einheimische in traditioneller Tracht entgegen. Wie sich herausstellt, haben wir die große Parade leider gerade verpasst.
Aber es gibt immer noch lecker Mittagessen und viel Kontakt zur Bevölkerung für uns. Auch wenn sich die örtlichen Polizisten erst ein mal wichtig machen müssen und uns mit unseren Fahrrädern auf den Rollerparkplatz "abschieben" wollen. Die Kinder und Jugendlichen, die auf uns zu kommen und ihre wenige Worte Englisch mit uns üben wollen, machen das allerdings locker wieder wett. Natürlich darf das anschließende Selfie mit den Falangs nicht fehlen!
Der LKW Verkehr wird anschließend fast unerträglich und wir werden jedesmal von einer Staubwolke umhüllt wenn wieder einer an uns vorbeidonnert. Mit der Aussicht, dass sich dies auf den 200km bis Luang Prabang nicht ändern wird, entscheiden wir uns dazu ab Oudomxay den Bus zu nehmen (60000 Kip pro Person + 50000 pro Rad). Eine sehr gute Entscheidung, wie sich im Nachhinein herausstellen sollte. Die Straßen durch die Berge sind eng und steil und es herrscht reger Verkehr. Große Wassergäben für die Regenzeit an den Straßenrädern nimmt hier jegliche Möglichkeit um auszuweichen. Manche der Autofahrer dabei als lebensmüde zu bezeichnen ist maßlos untertrieben. Ist jemand voraus langsamer wird überholt. Egal wo. In Kurven, über Schlaglöcher, mit Gegenverkehr. Zweimal Hupen heißt scheinbar ich habe jetzt Vorfahrt, geh mir aus dem Weg.
So sind wir heil froh, dass wir zusammen mit unseren Rädern auf dem Dach heil in Luang Prabang ankommen und genießen einige Tage Ruhe. Die sind auch bitter nötig. Jelena leidet seit einigen Tagen unter Magenproblemen und verbringt so den ersten Tag in Luang Prabang komplett im Bett.
Hier in der Stadt treffen wir zum ersten Mal so richtig auf das touristische Laos. Die Stadt ist rausgeputzt, es gibt überall westliches Essen (Pizza, Baguette und Co.) Die Laoten selbst sind oft wie ausgewechselt - leider. Nervige TukTuk Fahrer, die uns auch bei der fünften Begegnung innerhalb einer halben Stunde zu einem "Boot Trip!" überreden wollen, sind da nur der Gipfel des Eisbergs. Es gibt zwar auch hier einige nette Begegnungen, aber insgesamt wirken die Einheimischen viel weniger herzlich als draußen am Land. Wenn man dann so manchen westlichen Touristen sieht, der meint er muss oben ohne im Restaurant am Mekong sein Bier trinken, kann ich es ihnen nicht wirklich verdenken. Den morgendlichen Almosengang der Mönche durch die Stadt sparen wir uns.
Zum einen sind wir ziemlich platt und müde, Jelli zudem noch angeschlagen und zum anderen ist er hier in Luang Prabang zu einem einzigen Touristenschauspiel verkommen. Das Ganze ging so weit, dass mittlerweile überall Schilder stehen, man solle doch bitte zumindest 3m Abstand zu den Mönchen halten beim Fotografieren und sie nicht anfassen.
Wie es in unserem Reiseführer steht: "Monks und Monkeys sind für Touristen das gleiche. Beide lösen den Fotoreflex aus". Trotzdem verbringen wir einige schöne Tage in der Stadt. Ein absolutes kulinarisches Highlight war der Steckenfisch mit Zitronengrasfüllung und einem Bagutte!
Wie sehr der Tourismus die Menschen verändert erfahren wir auf den folgenden Kilometern am Mekong entlang. Wir folgen einer kleinen aber gut ausgebauten und geteerten Straße. Erst wundern wir uns über die so moderne Straße, aber bald erfahren wir durch einen eingeimischen Radfahrer, die Straße führt zu einem Wasserfall, zu dem täglich im Minutentakt die Minibusse verkehren. Kaum haben wir die Abzweigung zum Wasserfall erreicht befinden wir uns auch schon wieder auf einer staubigen Schotterpiste - ein sicheres Zeichen die Touristenrouten verlassen zu haben. Und plötzlich winken uns die Menschen wieder zu oder rufen uns ein freundliches "Sabaidee!" hinterher. Es mag etwas zu einfach ausgedrückt sein und wir auch etwas voreingenommen, da wir sowieso lieber mit uns in der Natur unterwegs sind. Aber dieser Unterschied ist uns sofort aufgefallen. Wir genießen die herrliche Natur, die kleine Straße am Mekong und finden Mittags auch noch unsere eigene kleine Oase, eine willkommene Abkühlung!
Wir sind in den letzten Tagen und Wochen auch immer selbstbewusster und sicherer geworden, was das wild zelten anbelangt. Haben wir uns zu Beginn in Thailand noch etwas schwer getan, immer den richtigen Platz zu finden- möglichst versteckt so dass uns niemand entdeckt. So macht es uns mittlerweile nichts mehr aus auch abends noch Leuten direkt vor unserem Zelt zu begegnen. Auch in Laos sind nachts schon Bauern auf dem Heimweg oder Insektensammler mit Taschenlampe vor unserem Zelt gestanden. Ein freundliches "Sabaidee!" aus dem Zelt hat dann immer für beiderseitige Belustigung gesorgt.
Sogar als wir unser Zelt am Abend in der Nähe einer vermeintlichen Militärbasis aufschlagen und natürlich direkt Besuch in Form von zwei Laoten auf einem Roller bekommen, lässt sich die Situation schnell klären. Wir werden zwar zuerst sehr kritisch beäugt und ausgefragt Name, woher?, wohin?, ob wir Foto dabei haben etc. Als wir dann aber erklären, dass wir es leider nicht ganz geschafft haben bis in die nächste Stadt vor Sonnenuntergang, weil die laotischen Berge so steil und lang sind. Hatten wir natürlich auch gar nicht geplant aber das bleibt unser Geheimnis. Wird unsere Anwesenheit für diese Nacht dann doch abgenickt. Und so gibt es für uns beide keinen Grund irgendwelche Bedenken zu haben nachts unser Zelt aufzuschlagen. Außer bei Wasserbüffeln, da sind wir ab jetzt etwas vorsichtiger. Nachdem wir in der Nacht von einer aufgeschreckten Büffelherde geweckt wurden, die direkt an unserem Zelt vorbei gerannt sind.
Die "neue" Straße 4 nach Kasi lässt uns ganz schön ins Schwitzen geraten. Zuerst dank vieler, steiler Höhenmeter bergauf und anschließend dank vieler größer Löcher, dicker LKWs und noch viel steileren Tiefenmetern bergab! Die Ausblicke ins Tal und über die Begketten sind allerdings ziemlich überwältigend und etwas ganz besonderes. Bis auf 1900 Meter geht es für uns hinauf in die Berge. Die Luft wird kühler und die Vegetation passt sich der raueren Berglandschaft an.
Von Kasi ziehen sich die letzten Kilometer bis zu unserem nächsten Etappenziel Vang Vien ganz schön in die Länge. Es ist heiß, staubig und wieder sind es die LKWs die uns das Leben schwer machen. Im Internet habe ich mehrfach gelesen, dass diese Kilometer zu den schönsten der Welt die man mit dem Fahrrad fahren kann, zählen sollen. Vermutlich war das so, bevor die LKWs hier ankamen. Für uns war das letzte Stück jedenfalls einer der hässlichsten unserer gesamten bisherigen Tour. Trotz wunderschönen Ausblicken in die Berge und dem Fluss. Wir freuen uns dem Highway in Vang Vien endlich wieder entkommen zu können. Zwei Tage Ruhe mit Bücher lesen und entspannen im Garten mit Blick auf die Karstberge ist angesagt.
Zu Vang Vien selbst gibt es nicht allzu viel zu sagen. Die ehemalige Party-, Sauf- und Drogenhochburg des Landes hat sich gewandelt. Zu einer Outdoordestination, die von Ballonfahrten, über Rafting bin zu Mountainbiken und Klettern alles im Angebot hat, was das adrenalinsuchende Backpacker- und Touristenherz höher schlagen lässt. Dabei kommt es zu durchaus skurrilen Bildern, wenn beispielsweise eine Gruppe Chinesischer Touristen mit Schwimmwesten bekleidet im Tuk Tuk durch die Straßen fährt. Wir genießen die Ruhe unseres Hostels und freuen uns aber auch, die Stadt gen Westen und nicht über den Highway nach zwei Tagen wieder hinter uns zu lassen.
Die folgende Etappe hält für uns die bisher schönsten Wege bereit! Herrliche Singletrails durch Bambuswälder, über kleine Flüßchen und durch Dörfer, in denen noch nie ein Auto war. Einfach herrlich!
Und einige uns bisher unbekannte Locals haben wir auch getroffen:
Auf unserem Weg in Richtung der Landeshauptstadt Vientiane kommen wir wieder durch viele kleine Hmong-Siedlungen. Und landen wieder unvermittelt auf einem ihrer traditionellen Feste. Wir kaufen einige Bananen und genießen die Stimmung. Von allen Seiten werden wir neugierig beäugt. In dem kleinen abgelegenen Dorf haben die Menschen sichtlich wenig. Alles ist ganz einfach. Die Straßen Schotterpisten, die Häuser Holz- und Bambushütten. Auf dem Fest gibt es nur ein paar wenige Stände, an denen auch weniger als üblich verkauft wird. Die Freude scheint dennoch gleich zu sein und auch die farbenfrohen Trachten. Gerade als wir uns entscheiden weiter zu fahren, kommt der alte Mann von dem wir Bananen gekauft hatten auf uns zu und schenkt uns noch freudig zwei Wasserflaschen. Eine wunderschöne Geste und wir sind einmal mehr überwältigt von der Gastfreundschaft und Herzlichkeit der Menschen in diesem Land!
Nach wenigen Kilometern erreichen wir wieder geteerte bzw betonierte Wege. Beflügelt von Rückenwind und guten Straßen fliegen wir die letzten 80km bis nach Vientiane. Auch ein kleiner Zwischenstopp am Mekong, bei dem sich Mircos Frühstück ein zweites Mal zeigt, kann uns nicht aufhalten. Nachdem es Jelena jetzt wieder gut geht, scheint diesmal Mirco an der Reihe zu sein.
Wir suchen uns die nächstbeste Unterkunft, packen unsere Sachen aus und müssen auch schon wieder los ins Immigration Office um unser Visum zu verlängern. Wir haben uns entschieden noch etwas länger in diesem für uns so faszinierenden Land zu bleiben und stattdessen auf einen Besuch in Vietnam zu verzichten. Von der Vorstellung alles sehen zu wollen, wenn man mit dem Rad unterwegs ist, muss man sich schnell verabschieden. Die Distanzen sind einfach viel zu groß und obwohl wir mittlerweile über 2500km geradelt sind, haben wir sicherlich nur einen Bruchteil wirklich gesehen - dafür aber einen umso tieferen Einblick und viel engeren Kontakt zu Land und Leuten gehabt, als es mit jedem anderen Reisemittel möglich gewesen wäre.
Wir überlassen also unsere Pässe den schlecht gelaunten Beamten bis zum nächsten Nachmittag und vertreiben uns die Zeit mit Ananas essen, schlafen und Zelt trocknen im Park. Beim Abholen der Pässe stellen wir fest, dass das falsche Datum in unseren Pass gestempelt wurde. Nach einigen Diskussionen und längerer Wartezeit erhalten wir unsere Pässe zurück. Das falsche Datum mit Tipp-ex ausradiert und das neue darüber gestempelt. Wenn das mal nicht den Grenzbeamten bei der Ausreise interessieren wird.
Die 700km nach Pakxe in den Süden von Laos wollen wir wieder mit dem Bus zurücklegen. VIP Bus mit Bett wäre natürlich zu einfach, darum wird es der Locals-Bus für 110000 Kip (~11€) pro Person, plus 50000 Kip pro Fahrrad. Diesmal bekommen wir sogar einen kleinen Discount und die Frau am Schlater gibt Jelena freundlich auch 300000 kip gesamt raus. - 'discount discount' grinst sie. Unsere Räder werden aufs Dach geschnallt, zusätzlich zu drei Motorrädern (!!) und allerhand anderem Gepäck. Im Bus selbst, haben wir zunächst relativ viel Platz. Allerdings hält der Busfahrer auf dem Weg aus der Stadt gefühlte 100mal an um entweder weitere Passagiere, oder einfach Gepäckstücke aufzuladen. Dazwischen fahren immer wieder Verkäuferinnen und Verkäufer einige Kilometer mit, die hartnäckig ihre gegrillten Hühnchen an den Mann bzw. die Frau bringen wollen. Lustigerweise werden wir dabei größtenteils ignoriert - eine ganz neue Erfahrung in Südostasien! Wir scheinen uns nicht im typischen Touristenbus zu befinden.
Die Fahrt selbst entpuppt sich als ein Abenteuer für sich. Aus geplanten 12h werden fast 15. Zwei VIP Busse überholen uns - beide sind mindestens 2-3h später gestartet.
Immer wieder hält der Busfahrer an, um entweder Gepäck oder Passagiere abzuladen. Aus dem Laderaum holt er bei einem Halt ca. 20 Holztüren hervor. Bei einem anderen Stopp werden zwei Motorräder abgeladen, auf denen dann 4 Passagiere aus dem Bus weiterbefördert werden. Wir blicken nicht durch, finden es aber höchst amüsant. Die Schlaglöcher in der Straße allerdings weniger und so wird es eine sehr ungemütliche Nacht. Als Entschädigung gibts am nächsten Morgen in Pakxe eine große Papaya zum Frühstück am Ufer des Mekong:
Morgen wollen wir ein paar Tage über das Bolaven Plateau fahren, bevor es Richtung Süden und zu den 4000 Inseln geht. Dort wollen wir wenn alles klappt Weihnachten verbringen.
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