Von Chiang Mai geht es auf nach Norden Richtung Chiang Rai und Laos. Die Berge werden steiler, die Straßen schlechter, die Schlafplätze spektakulärer.
Nachdem sich unser erster Eindruck von Chiang Mai als Touristenstadt durchaus bestätigt hat, sind wir irgendwie froh endlich wieder kleine Landstraßen und Feldwege unter die Reifen nehmen zu können. Unser erstes Ziel ist dabei ein Stausee im Nordosten von Chiang Mai. Zufällig auf der Karte entdeckt, soll dort seit einigen Jahren eine neue Brücke über den See führen und damit eine kleine Verbindung abseits der großen Straßen gen Norden existieren. Wird ausprobiert!
Die ersten Kilometer nach dem Ruhetag sind zäh. Zuerst dichter Stadtverkehr, dann eintönige Landschaften, wenig Abwechslung. Dazu schlechtes Wetter voraus gesagt und, warum auch immer, ist der Akku vom Navi schon nach wenigen Kilometern wieder leer. Geht ja gut los.
Vor dem drohenden Hungerast können uns nur frittierte Bananen retten. Da kommt ein Straßenstand gerade recht. Dass die nette Dame aber 20 Baht für nicht mal eine Handvoll Bananen haben möchte, finden wir ziemlich unverschämt, da wir für den gleichen Preis schon die 5-fache Menge bekommen haben. Und da sie nicht einmal auf unseren Versuch zu handeln eingehen will, darf sie ihre Bananen behalten und wir weiter hungern.
Überhaupt existieren in Thailand zwei unterschiedliche Preisniveaus für fast alles - das der Einheimischen und das für Touristen, vor allem in den Gebieten in denen sich regelmäßig Touristen aufhalten. In den abgelegeneren Regionen unserer Reise stellen wir fest, das die Menschen oft netter und freundlicher zu uns 'Farangs' sind. Und sich meist richtig freuen uns zu sehen. Das Handeln stellt sich aufgrund der Sprachbarrieren auch als sehr mühsam heraus und so nicken wir meistens einfach den Touristenpreis ab und vermeiden Diskussionen. So lange sich der Preis halbwegs im Rahmen hält oder wir uns nicht zu sehr veräppelt vorkommen.
Einmal kauft ein Einheimischer eine Tüte Bananen direkt vor unseren Augen für 10 Baht. Der Verkäufer ging wohl davon aus, dass wir das nicht so schnell mitbekommen hatten und versuchte 20 Baht von uns zu kassieren. So eine Steilvorlage lassen wir uns natürlich nicht entgehen! Und obwohl er genau gemerkt hat, dass wir Bescheid wissen was die Bananen wirklich kosten, hat er noch fünfmal versucht 20 Baht von uns zu bekommen. Manchmal sind sie schon etwas dreist, diese Thais. Und so ist es manchmal etwas mühsam Essbares am Markt oder am Straßenrand ohne Sprachkenntnisse zu bekommen. Wobei wir auch sagen müssen, dass wir zum Teil auch ohne Handeln den Preis der Einheimischen bekommen haben. Und das Einkaufen besonders auf den kleinen Märkten in den entlegenen Ortschaften richtig Spaß macht und es immer wieder spannend ist durch die Essenstände zu schlendern und zu beobachten was die meist älteren Damen zum Verkauf anbieten. Das Essen bekommt man meist in kleinen Plastiktüten bereits abgefüllt oder direkt aus einem Top in eine Plastiktüte (wofür wir uns jetzt auch extra wieder verwendbare Tupperschüsseln gekauft haben). Probieren möchten wir eigentlich alles. Zumindest alles ohne Fleisch. Was nicht immer ganz einfach ist, aber vor allem für Jelena jeden Marktbesuch spannend macht.
Der Wetterbericht behält zum Teil Recht, und so machen wir am Nachmittag eine kurze Pause in einer Bambushütte am Wegrand. Eigentlich wollen wir hier unser Zelt aufschlagen, aber ein neugieriger Rollerfahrer mit Funkgerät empfielt uns freundlich ein Resort in 3km Entfernung. Bleiben war keine Option mehr, ein Resort für uns sowieso nicht, also weiter fahren. Mittlerweile hat es zu regnen begonnen und es wird langsam dunkel.
Links und rechts der Straße tiefer Regenwald und keine Chance auf ein trockenes Plätzchen, bis zu einem Wegweiser zur "Bat Cave". Nachdem wir schon komplett durchnässt sind, klingt sogar eine Höhle einladend! Und gefunden war er, der verrückteste Übernachtungsplatz den wir je hatten und auf unserer bisherigen Reise sowieso. Nach einigen Packungen Instant-nudeln wurde die Höhle erstmal näher inspiziert. Neben einem kleinen goldenen Buddha auf einem Altar, haben wir noch diesen bunten Höhlenbewohner gefunden- leider etwas kamerascheu.
Fledermäuse haben wir bislang keine gesehen. Das ändert sich aber schlagartig mit einsetzen der Dunkelheit und so herrscht die ganze Nacht hindurch ein reges Kommen und Gehen von Hunderten kleiner und größerer Fledermäuse, die über unser Zelt hinweg flattern. Ein grandioses Spektakel und eine spannende, gruselige, herrlich trockene Höhlenübernachtung.
Der nächste Morgen führt uns nach einer schönen Abfahrt aus den Bergen einige Zeit über den Highway. Die Beine sind noch schwer von den vielen Höhenmetern am Vortag und so helfen nur haufenweise Schokokekse, Schokoeis, und frittierte Bananen durch den Tag. Auch die Schlafplatzsuche gestaltet sich schwierig, da die Region dicht besiedelt ist. Da wir schon von einigen Radreisenden gehört hatten, dass die Mönchen in manchen Tempeln einem das Übernachten gestatten, entschließen wir uns unser Glück zu versuchen. Der nächste Tempel lässt auch nicht lange auf sich warten.
Der junge Mönch in etwa unserem Alter lässt uns allerdings abblitzen und will uns 5km Entfernung schicken - in die Richtung aus der wir gekommen sind. Wir nicken dankend und setzen unseren Weg fort. Vorher füllen wir noch unsere Flaschen mit 'heiligem Tempel' Wasser, das uns der Mönch noch freundlich anbot. Letztlich landen wir an diesem Abend in einem Bambusverschlag am Wegrand direkt neben einer Plantage. Die Straße mit einigen LKW in Hörweite und ein Rudel streunender Hunde, dass mehrmals in der Nacht mit lautem Kläffen um unser Zelt streunt. Ein Hoch auf die Fledermaushöhle!
Die folgenden Kilometer sparen wir uns den Umweg über kleinere Straßen und nehmen den direkten Weg nach Fang, mit der Aussicht auf einen schönen Markt mit leckerem Essen. Der kleine Markt enttäuscht nicht und mit vollen Taschen fahren wir aus der Stadt.
Wir schlagen unser Zelt wenige Meter abseits des Weges in einer Plantage auf. Obwohl mehrmals am Abend ein Roller nur knapp an uns vorbei fährt, entdeckt uns niemand. Unser grünes Zelt hat die perfekte Farbe für den Regenwald, so lange die Warnwesten nachts nicht am Fahrrad hängen bleiben. Auf matschigen Wegen, aber mit der Aussicht auf einen Ruhetag erreichen wir schließlich Tha Ton.
Sofort ist uns der kleine Ort 2km von der Grenze zu Myanmar, gelegen am Ufer des Mae Nam Kok sympatisch. Es gibt einige kleine Läden und Restaurants und einige wenige Touristen. Die Atmosphäre ist sehr entspannt und wir finden ein sauberes Zimmer im Grünen für 300 Baht. Den Tag verbringen wir mit Essen und Stadterkundung. Die Tempelanlage des Wat Tha Ton erstreckt sich über 9 Ebenen auf dem Berg hinter der Stadt. Jede Ebene mit einer neuen Buddha Statue oder wahnsinnig aufwendig verzierten Tempelanlagen.
Der Ruhetag vergeht wie im Flug. Auch wenn wir es noch ein paar Tage hier aushalten würden, läuft unser Thailand Visum langsam ab und wir beschließen weiter zu fahren. Im Loose Reiseführer steht zu unserer geplanten Route sinngemäß: "für geübte Motorradfahrer machbar". Und er sollte recht behalten. Die folgenden 80km bis Chiang Rai sind einige der härtesten bisher. Verrückte Steigungen und von der Regenzeit ausgewaschene, teils extrem matschige, unbefestigte Straßen machen das Vorwärts kommen mühsam. Und trotzdem ist dieser Abschnitt einer der schönsten bisher! Die Ausblicke auf den Fluss und die umliegenden Berge sind einfach grandios. Wir queren kleine abgelegene Dörfer und eine wirklich einmalig schöne Landschaft aus grünen Hügeln.
Was wir auf diesem Stück nach Chiang Rai aber auch sehen, ist die hässliche Seite eines sonst so schönen Landes. Umweltverschmutzung der augenscheinlichsten Sorte und grausame Tierquälerei.
Plastik ist im Alltag der Thais allgegenwärtig. Die kleinsten Verkaufsgegenstände werden in Plastik gepackt, und zusätzlich in einer Plastiktüte überreicht. Reis und Gemüse am Markt - alles in Plastiktüten verpackt. So gut wir es versuchen, auch wir kommen in Thailand nicht um eine beträchtliche Menge Verpackungsmüll herum. Und die wenigsten Thais sind wohl bisher für die Plastikmüllproblematik sensibilisiert, obwohl sie allgegenwärtig ist. Vor fast jeder Ortschaft wird der Müll einfach irgendwo in den Urwald gekippt. Recycling Fehlanzeige.
Neben der groben Umweltverschmutzung wird uns kurz vor Chiang Rai noch einmal deutlich vor Augen geführt, wie wir als Touristen zum Teil nicht nur beitragen, sondern für das Leid mancher Tiere verantwortlich sind. In einem der vielen Elephant Camps, die es vor allem im Norden Thailands überall gibt, werden Touristen auf dem Rücken der Dickhäuter durch die umliegenden Berge chauffiert. Alleine die Konstruktion der Touristensitze bereitet uns beim Anblick Bauchschmerzen. Metallketten, die sich um den Hals der Elefanten tief in die Haut graben. Daneben der Elefantenführer mit dem berüchtigten Elefantenhaken in der Hand - ein "Werkzeug" mit dem Elefanten dressiert werden. Abseits steht ein jüngerer Elefant, einen Fuß mit zwei Ketten angebunden. Er kann nicht einen einzigen Meter vor oder zurück. So einem Tier in die Augen zu blicken und hilflos dabei zuzusehen wie die Touristen im Hintergrund ein Selfie nach dem anderen auf dem Rücken anderer Elefanten knipsen macht uns einfach nur wütend und zu tiefst traurig.
Domestizierte Elefanten sind ausnahmslos Tiere, die durch zum Teil heftigste Gewalt gefügig gemacht wurden und zwar durch Brechen ihres Willens. Alleine diese Tatsache sollten JEDEN davon überzeugen, Abstand zu nehmen von solchen Aktivitäten. Wie schön wäre es, Elefanten einfach in ihrer freien Umgebung beobachten zu können!
Und wenn es denn unbedingt näherer Kontakt sein muss, dann gibt es eine Reihe guter Camps, in denen "ausgemusterte", alte und zum Teil verletzte Tiere wieder das sein dürfen was sie sind - wilde, unglaublich faszinierende Geschöpfe.
Schockiert davon, wie blind manche Menschen für das Leid anderer Lebewesen zu sein scheinen, radeln wir weiter, nur um einige hundert Meter später an einem "Snake House" vorbei zu kommen in dem eine riesige Python für Fotos mit Touristen herhalten muss. Wenn wir an den Elefanten zurück denken wird uns immer noch schlecht.
Und wo wir schon bei den hässlichen Seiten Thailands sind - hier werden Schildkröten, Aale und andere Fische in Plastiktüten verkauft- lebendig-, nur um sie anschließend einem religiösen Brauchtum folgend im Fluss auszusetzen. Die Beutel hängen in der prallen Sonne und manche der Wasserschildkröten sitzen bereits auf dem Trockenen.
Und dabei sagte Buddha einst:
«Jedes Lebewesen verdient es, ein Gefühl von Sicherheit und Wohlergehen zu geniessen. Wir müssen das Leben schützen und anderen Glück schenken. Alle Lebewesen, seien sie gross oder klein, zwei- oder vierbeinig, ob sie schwimmen oder fliegen – sie alle haben das Recht zu leben. Wir dürfen andere Lebewesen nicht verletzen oder gar töten. Wir müssen das Leben schützen» (aus dem Metta-Sutta, Sn I, 8)
Doch bevor wir uns auf den Weg nach Laos machen legen wir einen kurzen Boxenstop in Chiang Rai ein. Dort schlendern wir wieder über die Märkte. Geniessen das etwas ausgefallenere Essen am Loy Krathong Festival am Fluss, welches gerade beginnt. Aber leider seinen Höhepunkt erst in einer Woche hat und wir durch unser ablaufendes Visum leider nicht miterleben können.
Das so gennante Lichterfest ist ein Highlight bei den Thais vorallem im Norden. Natürlich darf ein Foto des goldenen Uhrturms - das "Wahrzeichen" der Stadt- nicht fehlen.
In der folgenden Nacht bekommen wir zum zweiten Mal Besuch zu später bzw. früher Stunde am Zelt. Um kurz vor 5 Uhr morgens leuchtet das Licht einer Taschenlampe auf unser Zelt, kurz nachdem wir das Außenzelt übergeworfen hatten da es leicht zu nieseln begonnen hatte. Vermutlich ein neugieriger Bauer, der sich fragt was denn die zwei Farangs da in seiner Plantage zu suchen haben. Auch wenn der Blutdruck kurzzeitig nach oben schnellt, haben wir doch beide in solchen Situationen nicht das Gefühl wirklich Angst haben zu müssen. Dafür sind uns die Thailänder bisher viel zu freundlich und hilfsbereit entgegen gekommen. Und selbst wenn wir es drauf anlegen würden und mal aus dem Zelt krabbeln, würde sich die Situation vermutlich schnell auflösen. Aber vorerst ist Todstellen die Taktik unserer Wahl. Und will man es positiv sehen, so wurden wir durch den frühen Weckdienst mit einem herrlichen Sonnenaufgang über den Bergen belohnt:
Auf dem Weg zur Grenze nach Laos treffen wir noch auf eine Prozession in Richtung Tempel. Die Band spielt leidenschaftlich auf der Ladefläche des vorausfahrenden LKW. Dahinter tragen die Gläubigen Bündel mit Geldscheinen vor sich her und tanzen zur Musik. Wirklich schön anzusehen und zu hören.
Am Anfang unserer Reise haben wir zum Teil über 100km am Tag zurück gelegt. Getrieben von Euphorie und sportlichem Ehrgeiz. Die Euphorie ist geblieben, aber 50km an einem Tag sind mittlerweile auch in Ordnung- zum Teil auch dem Höhenprofil geschuldet. So langsam kommen wir in den Reisemodus. Da kommt Laos gerade Recht!
Wir müssen am Ende unseres ersten Abschnitts in Thailand festhalten: ein wunderschönes Land, mit überaus netten, lachenden und hilfsbereiten Bewohnern, aber deutlichem Nachholbedarf bei Tier- und Umweltschutz!
Und zu dieser Stelle möchten wir nochmal kurz auf unsere Spendenaktion aufmerksam machen. Schaut doch mal auf unserer Homepage nach. Ein paar Euro haben die meisten übrig und es ist dank Paypal mittlerweile kinderleicht! Dankeschön!
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