Mit dem Fahrrad durch Kambodscha von Ost nach West der Küste entlang. Belgische Waffeln zum Frühstück, die ersten Höhenmeter, unglaubliche Umweltzerstörung, der hässlichste Ort der Welt und wohl (noch) einer der schönsten direkt im Anschluss. Das waren die Zutaten für den zweiten Teil unserer Reise durch Kambodscha.
Der Tag in Kep begann mit einem grandiosen Frühstück in Form von heißen belgischen Waffeln. Die werden hier fast überall auf dem offenen Feuer frisch gemacht. Herrlich!
Unser Weg führt uns am Highway der Küste entlang in Richtung Kampot. Hier sehen wir so viele westliche Touristen auf einmal wie auf unserer ganzen Reise zuvor noch nicht. Die ganz schön Stadt aber nicht weiter spektakulär. Wir plündern den Markt und wollen am nächsten Morgen in den Bokor Nationalpark fahren. Gute 1000 hm müssen dafür bewältigt werden. Kambodscha hat sich uns bisher komplett flach präsentiert. Auf dem Weg nach oben sehen wir einige wilde Affen und große Nashornvögel. Zusammen mit der heftigen Hitze und unserem Gepäck brauchen wir ca. 2,5h für den Anstieg und sind oben ganz schön paniert, aber noch viel mehr geschockt. Wo wir unberührte Natur erwartet hatten, befindet sich eine riesige Baustelle.
Überall werden Häuser und Resorts aus dem Boden gestampft, der eigentlich Nationalpark sein soll. Ein Stück weiter finden wir ein Modell des geplanten Gebiets. Chinesische Investoren haben den kompletten Berg für 99 Jahre von der kambodschanischen Regierung gepachtet, mitten in einem Nationalpark. Es soll hier eine Kleinstadt entstehen mit Luxusresort und Wohnunganlagen. Unglaublich! Wir fahren ein wenig über das Hochplateau und sehen eigentlich hauptsächlich zerstörte Natur.
In einem der wenigen unberührten Flecken finden wir dann doch noch einen wunderschönen Zeltplatz. Wir genießen die Abendsonne, untersuchen fleischfressende Pflanzen im Gebüsch und ignorieren den Baulärm der von weit her zu hören ist. Kambodschas Landfläche ist übersät mit riesigen Nationalparks. Eigentlich eine gute Sache, aber wenn man dann sieht wie damit umgegangen wird kann man sich Nationalparks auch sparen. Es ist kein Geheimnis, dass vielerorts der Regenwald illegal abgeholzt wird. Das Holz wird dann häufig nach Vietnam geschafft und von dort exportiert. Auch Deutschland importiert Tropenholz aus Vietnam in großem Stil. Dass es sich dabei aber um (bekanntermaßen) illegal geschlagene Bäume aus Kambodscha handelt scheint keine Rolle zu spielen. Aber für Geld wird hier und anderswo alles gemacht.
Nachdem wir unsere Vorräte aufgefüllt haben folgen wir weiter der Küstenlinie Richtung Westen. Zum Übernachten folgen wir einem Schild in Richtung eines Wasserfalls. Begrüßt werden wir dann von einem großen Parkplatz auf dem schon einige 'Schlepper' auf die Touristen warten. Es handelt sich um ein Eco Tourismus Projekt, der Wasserfall darf nur mit einem Guide besucht werden und überhaupt soll damit nachhaltiger und umweltverträglicher Tourismus gefördert werden. Eigentlich auch wieder eine gute Sache. Was wir aber keinen Kilometer weiter etwas abseits der Hauptstraße finden schockiert uns erneut. Eine riesige Müllhalde, einfach am Wegrand entsorgt und aus den Augen der täglichen Besucher. Tausende Bierflaschen, Dosen, Plastiktüten. So geht also Eco Tourismus auf Kambodschanisch.
Die folgenden Kilometer in Richtung Sihanoukville waren dann auch noch die schlimmsten unserer Reise bisher. Staubig, tausende Schlaglöcher und ein LKW Verkehr der uns mehrfach in brenzlige Situationen bringt. Hunderte von Betonmisch-LKWs überholen uns oft nur mit wenigen Zentimeter Abstand während im Gegenverkehr gerade ein LKW einen anderen überholt. Auf Kambodschas Straßen zählt das recht des Stärkeren. Wir sind jedenfalls froh, als der Abzweig in den Ream Nationalpark endlich kommt. Leider werden wir auch hier wieder schwer enttäuscht. Jeder Meter Küstenlinie ist zum Bauland erklärt worden und es entsteht ein Resort neben dem anderen. Wiederum mitten in einem Nationalpark. Wir finden trotzdem noch zwei herrliche Zeltplätze mitten am Meer. In einigen Jahren sind vermutlich auch diese bebaut. Zum Sonnenuntergang werden wir dann allerdings von Millionen von Moskitos begrüßt. Wir dachten zunächst an ein Boot, so laut ist das Geräusch der startenden Blutsauger. Das Zelt verlassen wir jedenfalls erst wieder zum Frühstück. Die letzten Metern nach Sihanoukville verlaufen zum Teil direkt am Strand entlang.
Da unsere Vorräte aufgebraucht sind, haben wir großen Hunger und brauchen Wasser. Was uns dann aber in Sihanoukville erwartet macht uns einfach sprachlos. Wie die Küstenlinie vorher, ist die Stadt eine einzige Baustelle. Es ist staubig, unfassbar dreckig, es gibt tausende von Hotels und Casinos in der Stadt und was noch kein Casino ist wird augenscheinlich gerade platt gemacht und es wird eine selbiges an dieser Stelle gebaut. Wir füllen unsre Vorräte auf dem Markt auf und finden nach mehreren Anläufen (die allesamt 5$ fürs Trinkwasser wollten) endlich Wasser für 1$. Danach flüchten wir so schnell wir können. Wir sind uns beide einig, dass das (zumindest aktuell) die wohl hässlichste Stadt der Welt sein muss und sind froh, dass wir nicht auf eine der vorgelagerten Inseln wollten, sondern uns für eine Insel weiter im Nordwesten entschieden hatten.
Dort wollen wir einige Tage „Urlaub“ machen. Der Weg dorthin ist eine Wohltat. Der LKW Verkehr nimmt drastisch ab und wir sehen endlich wieder intakte Natur. In Sre Ambel können wir in einem Tempel duschen und unsere Gaskartuschen auffüllen (der Hinweis auf den Flaschen „don’t refill!“ wird in Cambodia gekonnt ignoriert).
Unser Weg führt uns durch den Botum Sokor Nationalpark. Endlich ein Nationalpark wie wir ihn uns vorstellen. Es gibt zwar ein chinesisches Resort am Meer, aber bis auf eine asphaltierte Straße hat hier der Ausverkauf der Natur noch (!) nicht begonnen. Wir sehen wunderschöne kleine romatische Fischerdörfer mit Häusern direkt im Wasser auf Stelzen gebaut.
Eine nette Begegnung am Zelt in der Nacht hatten wir auch noch. Unwissend haben wir unser Zelt nur gute 100m neben einem Haus aufgebaut. Der Besitzer des Grundstücks kam uns dann auch noch kurz vor Sonnenuntergang und am nächsten Morgen besuchen. Er hatte nichts dagegen, dass wir auf seinem Grundstück zelten, im Gegenteil er wollte uns eigentlich in sein Haus einladen und so haben wir am nächsten morgen zumindest etwas Wasser bekommen – leider nur aus einem Tümpel zum Duschen, nicht zum Trinken. Trotzdem sind wir wieder begeistert wie nett uns viele Leute begegnen, obwohl unsere Kommunikation auf Hände und Füße beschränkt ist.
Die Insel auf der wir ein paar ruhigere Tage verbringen wollen heißt Koh S’dach und liegt ca. 2km vor der Küste. Wir suchen uns ein Boo,t das uns und unsere Räder für 10$ auf die Insel bringt. Auf der Insel leben einige Hundert Familien, die hauptsächlich vom Fischfang und den wenigen Touristen die auf die Insel kommen leben. Wir sind froh, dass es hier so ruhig und entspannt zu geht. Auf der Insel wohnen auch einige westliche Expats. Unter ihnen die beiden Norweger Chris und Hege, die eine der wenigen Tauchschulen („Octopuse’s Garden“) auf dem ganzen Insel Archipel betreiben. Mit ihnen hatten wir schon kurz Email Kontakt und sie fanden unsere Geschichte so interessant und unterstützenswert, dass wir unser Zelt bei ihnen auf dem Grundstück gegen einen kleinen Betrag aufstellen dürfen. Jelli will sowieso endlich mal wieder tauchen gehen und so sind wir froh die beiden kennengelernt zu haben. Die Tage auf der Insel vergehen wie im Flug. Wir vertreiben uns die Zeit mit Nichts-tun, Kokosnüsse fangen, Schnorcheln am Hausriff, lesen, Schwimmen und einfach die Seele baumeln lassen. Dafür gibt es vermutlich keinen besseren Platz. Auf der Insel gibt es erst seit wenigen Jahren eine Stromversorgung. Wlan sucht man vergeblich. Uns gefällt es so gut, dass wir eine ganze Woche bleiben.
Der Tauch- und Schnorchelausflug mit Hege und Chris auf die umliegenden Inseln war ein Highlight. Mirco hat beim Schnorcheln einen 1,5m großen Barracuda gesehen. Und überhaupt ist das Riff und die Unterwasserwelt hier noch weitestgehend in Takt.
Am vorletzten Tag fängt Jelli einen Tintenfisch – mit bloßen Händen. Der landet dann am gleichen Abend noch über dem Feuer zusammen mit etwas Zitronengras das direkt ums Zelt herum wächst und ein paar weiteren Leckereien die wie am Markt besorgen. Irgendwie ziemlich paradiesisch!
Wer ein paar Tage/Wochen/Monate ausspannen möchte und dabei gerne Tauchen und Schnorcheln geht, dem sei an dieser Stelle „Octopuse‘s Garden“ wärmstens empfohlen! Besucher können direkt vor Ort in einem Bungalow übernachten und sich der Gastfreundschaft von Hege und Chris sicher sein.
Wir sind einerseits etwas traurig diesen wundervollen Ort zu verlassen, andererseits sind wir aber nach 7 Tagen schon wieder neugierig was uns auf den letzten Metern zur Grenze und dann in Thailand erwartet. Am 09. Februar kommt Jellis Papa zum Urlaub machen nach Thailand. Bis dahin wollen wir in Bangkok sein wo wir einige Sachen noch organisieren müssen. Von der Insel setzen wir mit einem kleinen Boot aufs Festland über. Wir wollen eigentlich eine kleine Schleife durch das chinesische Resort drehen. Laut Karte sollte das klappen. Der Sicherheitsmann an der Schranke sieht das allerdings anders, so dass wir kurz vor dem Resort ins Gebüsch abbiegen. Der kleine Schotterweg wird immer schmäler und zum Teil unfahrbar. Allerdings finden wir auf halbem Weg ums Resort herum tatsächlich Spuren von wilden Elefanten! Erst Fußabdrücke und Spuren im Gebüsch, dann einen riesigen Haufen Dung und als wir gerade bergab rollen hören wir sogar einen sehr Nahe im Gebüsch! Gezeigt hat er sich uns dann aber leider nicht, wir sehen nur sich bewegeneden Büsche. Trotzdem eine sehr spannende Beinahe-Begegnung.
Die Straße vom Nationalpark zur Grenze führt uns wiederum durch einen Nationalpark. Hier sehen wir zum ersten Mal richtig große zusammenhängende Waldflächen und genießen die hügeligen Straßen durch intakte Natur. Einen Nachmittag verbringen wir an einem schönen Wasserfall. Zeltplätze finden wir am Rande der Straße häufig in alten Steinbrüchen. Weiter in die Büsche trauen wir uns nicht. In Kambodscha liegen immer noch tausende von Minen und UXO (Unexploded ordinances) im Boden. Ein Überbleibsel der unfassbar traurigen Geschichte des Landes, das seinen Bewohnern erst in jüngster Vergangenheit so etwas wie ein friedliches und geregeltes Leben ermöglicht. Für uns heißt das bei der Zeltplatzsuche immer auf ausgetrampelten Plätzen zu bleiben. Nicht immer ganz einfach, aber mittlerweile haben wir über 80 Nächte im Zelt hinter uns und die Zeltplatzsuche fällt uns immer leichter. So genießen wir die letzten Tage in Kambodscha und denken oft zurück über die letzten vier Wochen in diesem Land. Irgendwie war es immer ein Auf und Ab. Wunderschöne Begegnungen und Momente auf der einen, schockierende Dreistigkeiten und der zerstörerische Umgang mit der Natur auf der anderen Seite. Wir sind uns einig, dass wir die Erfahrungen hier nicht missen wollen, so schnell aber wohl auch nicht zurückkommen werden. Und wenn, dann definitiv WEIT weg von den ausgetretenen Touristenpfaden.
Jetzt freuen wir uns aber erstmal auf Thailand! Und so treten wir kräftig in die Pedale in Richtung Bangkok, wo wir noch einiges organisieren müssen.
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