Angekommen in einer anderen Welt. Wir fahren mit dem Rad von Almaty in Kasachstan bis Kegen und zur Grenze zu Kirgistan. Wunderschöne und abwechslungsreiche Berglandschaften werden begleitet von zahlreichen Jurten und frei laufenden Pferdeherden. Kasachstan ist kulturell ein neuer Abschnitt unserer Reise. Aber nicht nur kulturell, auch kulinarisch nähern wir uns der Heimat, es gibt endlich wieder Brot und Käse. (geschrieben von Jelena)
'Kazakh-Chocolate!' Grinsend und sichtlich stolz streckt mir ein Mann eine Tafel Schokolade, Bonbons, Waffeln und eine Flasche Wasser entgegen. Was für ein schöner Start in ein neues Land. Es ist 3 Uhr früh am Flughafen Almaty, wir sind ziemlich übermüdet. Nach einem langen, anstrengenden Flug sind wir gerade dabei am Boden in einer Ecke des Flughafens unsere Räder zusammen zu bauen und unser Gepäck zu organisieren. Da wollte uns der nette Mann wohl einfach eine Freude machen.
Grün, sauber, freundlich, modern und mit einem wunderschönen Bergpanorama präsentiert sich Almaty für uns. Um anzukommen und noch ein paar Dinge zu organisieren haben wir uns wieder einen 'Warmshower'-Host gesucht. So wohnen wir ein paar Tage bei Trent, einem Australischen Expad, in einem großen Haus und genießen den Luxus mit Küche, Bett und sogar einem kleinen Heimkino im Keller.
Voller Vorfreude strampeln wir wenige Tage später aus der Stadt. Entlang des belebten Highways und der auslaufenden Bergkette. So fahren wir wellig dahin durch saftig grüne, mit Blumen übersäte Wiesen. Rechts die großen Berge mit weißen Gipfeln, links von uns erstreckt sich schon die flache Steppe Kasachstans. Das Zelt bauen wir am Abend gerade rechtzeitig vor einem Gewitter auf und freuen wir uns schon auf den nächsten Tag. Denn wir wollen hinauf auf zu einem blauen See in die Berge fahren. Schnell kippt aber die Stimmung als wir das Abendessen zubereiten wollen und feststellen, dass wir wohl einen winziges. aber essentielles Teil unseres Kochers Nachmittags bei der Kaffeepause verloren haben müssen. Hilft alles nichts. Das heißt wir können nur die 30 km zurück fahren und hoffen das kleine Teil wieder zu finden. Das Glück ist mit uns und so finden wir das Teil wirklich wieder und werden am Weg sogar noch von zwei Frauen in ihr Restaurant eingeladen und bekommen zu unserem Erstaunen Schoko-Kirsch-Törtchen, deftiges Gebäck und Kaffee vor die Nase gestellt. Keinen Cent dürfen wir bezahlen, einfach nur unglaublich gastfreundlich. So schaffen wir es, nach den "paar" extra Kilo- und Höhenmetern, doch noch hinauf zum See.
Wunderschön blau-leuchtend liegt dieser inmitten der Berge. Ein perfekter Platz um Mircos 30. Geburtstag am nächsten Tag zu feiern. (Ich glaube immer noch er hat das Teil vom Kocher extra liegen lassen um an seinem Geburtstag mit Seeblick aufzuwachen.)
Für den nächsten Abschnitt heißt es dann erstmal die Packtaschen voll mit Essen stopfen. Denn wir wollen einen kleinen abgelegenen Weg durch ein Tal und über eine Hochebene fahren. Genau können wir nicht abschätzen wie lange wir dafür brauchen werden, da über den Zustand des Weges nicht wirklich aussagekräftige Informationen zu finden sind. Nachdem wir den Supermarkt geplündert haben sind unsere Räder so schwer wie nie. Rund 50 kg bringen sie wohl jetzt jeweils auf die Wage. Anfangs schlängelt sich der Weg durch das Turgen Valley entlang eines blauen Flusses und vieler Badeplätze und Jurten. Leicht bergauf und mit teils starkem Gegenwind rollen wir auf einer gut geteerten Straße dahin bis es steiler wird und die Route sich in eine geschotterte Holperpiste verwandelt. Dort stellen wir das Zelt direkt am fließenden Wasser auf. Morgens packen wir früh unsere Sachen und kurbeln beschwerlich Meter für Meter in die Höhe. Bis wir um die Ecke biegen und plötzlich auf einer Hochebene mit unzähligen Jurten, Pferden, Murmeltieren, Schafen und Kühen stehen. Genau so hatten wir uns das vorgestellt. Jetzt erstmal Brotzeit machen in der Sonne. Was gibt es Besseres. Kurz darauf kurbeln wir wieder die nächsten Höhenmeter hinauf. Leider fängt es auch zu Regnen an. Ein Gewitter hat sich in unsere Richtung verirrt. Bedrohlich kommen die dunkeln Wolken immer näher. Unterschlupf zu finden ist in der weiten baumlosen Landschaft unmöglich und so werden wir pitsch nass. Glücklicherweise scheint auch bald wieder die Sonne und wir werden mit der nächsten Hochebene und traumhaften Blicken belohnt. Jedoch sind durch den Regen die Wege unglaublich matschig geworden. Ein mühsamer und harter Tag an dem wir, obwohl wir den ganzen Tag unterwegs waren, nur etwa 25 km weit gekommen sind. Aber unser Zeltplatz für die Nacht zeigt uns wieso wir uns diese Strapazen immer wieder antun.
In der wärmenden Morgensonne packen wir nach einem stärkenden Frühstück und Kaffee unsere Sachen zusammen, als ein Reiter auf seinem Pferd vorbei kommt und uns zu sich in seine Jurte auf einen Tee einlädt. Leider sind wir noch nicht so weit mit dem Packen und als wir uns auf den Weg machen ist der nette Mann nirgendwo mehr zu sehen. Übrigens habt ihr schon mal daran gedacht, dass in der Höhe normaler Kaffee nicht mehr schmeckt? Da das Wasser mit jedem Höhenmeter bei immer niedrigeren Temperaturen schon kocht und verdampft, entwickeln sich die Aromastoffe auch nicht mehr. Das heißt wir müssen leider wieder auf Instant-Kaffee umsteigen.
Wir rollen weiter auf der schlechten, holprigen und matschigen Piste und genießen die Blicke. Schon seit Stunden werden die Gewitterwolken um uns immer größer. Gerade überqueren wir einen Fluss als es zu regnen beginnt. Da wir aber wieder keinen Unterschlupf finden können starten wir trotzdem in den Anstieg auf die nächste Hügelkette um nicht auch noch auszukühlen. Der Boden wird durch den Regen immer nässer und somit weich und der Matsch bleibt üerball an unseren Fahrrädern und Kleidung kleben. Zum Glück habe ich mir vorher noch meine Regenjacke und Hose über gezogen. Mirco dagegen fängt in seiner nassen kurzen Hose an ziemlich zu frieren und so sind wir heilfroh als die Wolke sich nach einer gefühlten Ewigkeit endlich verzieht. In der Sonne machen wir erstmal Tee und trocknen unsere Klamotten bevor wir unseren Weg vorsetzen. Die Landschaft ändert sich von der grünen Hochlandwiese zu sandigen Wegen und steinigen, roten Felsen. Fast wie wir uns den wilden Westen vorstellen, die wilden Pferde verstärken den Eindruck.
Meine Bremse die wir in Kathmandu reparieren haben lassen funktioniert leider gar nicht mehr. Und so müssen wir die steile schlechte Straße nicht nur oft hoch schieben, sondern auch bergab vom Rad steigen. Die Fahrräder quietschen und schleifen fürchterlich vom ganzen Dreck, wir kommen kaum voran. An einem Fluss halten wir dann frühzeitig an um dort unser Zelt aufzustellen und waschen erstmal unsere Räder.
Am nächsten morgen geht es erstmal wieder ans Schieben. Kilometer lang schieben wir die schweren Räder den steilen Bergpass hinauf. Lose Steine machen das fahren unmöglich und Mirco plagt schon wieder leichtes Bauchweh. Oben angekommen stehen wir wieder auf grünen, weiten Wiesen umringt von Bergen und Pferden. Beim Mittagessen inmitten der Wiese fliegt ein riesengroßer Gaier über unsere Köpfe. Die Straße wird wieder etwas besser und so rollen wir gemütlich zu einem großen, türkis-blauen See wo wir am Ufer unser Nachlager aufstellen. Leider fängt unser Kocher durch das schlechte Benzin an zu spinnen und wir putzen und schrauben erstmal stundenlang daran herum.
Die nächste Etappe bis zum Sharyn Canyon führt uns durch ein ganz neues Landschaftsbild. Es wird flacher, trockener, weitläufiger und wüstenhaft. Die Sonne brennt unglaublich stark vom Himmel und unser erster Stop lässt uns in einem kleinen Dorf am Highway anhalten, an dem wir nach rund 30 Kilometern wieder angekommen sind. Unzählige schwarze Raben fliegen durch die trockene staubige Luft. Und auch ansonsten ist das wohl der tristeste Ort an dem wir je waren, bestehend aus wenigen alten kaputten Häusern und Containern am Straßenrand in denen der Durchgangsverkehr seine Vorräte spärlich auffüllen kann. Das tun wir auch und rollen weiter bis zum Canyon. Mirco geht es wieder nicht so gut und so folgt er mir in meinem Windschatten. Der Canyon selbst liegt im Sharyn Nationalpark, welcher nach dem Sharyn-Fluss benannt ist. Dieser hat im Nationalparkgebiet eine tiefe Schlucht in das umgebende Gestein gewaschen und erinnert stark an den Grand Canyon in den USA. Er ist zwar deutlich kleiner als dieser aber ähnlich bizarr ausgeformt. Direkt am Fluss bauen wir unser Zelt auf. An diesem Abend bekommt Mirco wieder stärkere Probleme mit der Verdauung, welche ihm sichtlich zu schaffen machen.
Der Weg aus dem Canyon und zu Grenze verläuft wellig und über einen kleinen Pass, sodass wir in den nächsten Tagen wieder einige Höhenmeter zusammen bekommen. Aufgrund Mircos Gesundheit versuchen wir jedoch die Strecke langsam anzugehen und machen immer wieder Pause und halten eher an. In Kegen der letzten größeren Stadt kaufen wir noch einmal richtig ein um all unser kasachisches Geld los zu werden. Wir bekommen alles was wir uns so wünschen. Getrocknete Äpfel, Käse, Brot, eingemachtes und frisches Gemüse, Obst und jeglichen Süßkram für Mirco. Kurz bevor wir uns wieder auf den Weg machen wollen fängt es an aus Eimern zu schütten. Und wir legen noch eine Pause im Bushäuschen am Straßenrand ein um unsere neu errungen Vorräte gleich wieder zu reduzieren. Die letzten Kilometer zur Grenze wird der Highway immer schlechter und wir brauchen länger wie erwartet. Aber dann endlich stehen wir vor den Schranken nach Kirgisistan, dem Land von dem wir beide schon so lange träumen. Die Vorfreude steigt!
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